Das Glaubensbekenntnis und seine Säulen

“Lâ ilâha illAllah Muhammadu r-Rasûlullah”

“Es gibt keine Gottheit außer Allah, Muhammad ist Allahs Gesandter”

Das Aussprechen des Glaubensbekenntnisses ist der erste Schritt auf dem Weg in die Religion des Islam. Es besteht in einem Satz, der das Bekenntnis der Einheit und Einzigkeit Allahs und die Anerkennung des Propheten Muhammad – Allah segne ihn und schenke ihm Frieden – als Allahs letztem Gesandten ausdrückt. Dieses Bekenntnis ist die Wurzel der Religion und in ihm sind alle Geheimnisse zur Rettung der Menschheit enthalten. Seine große Bedeutung wird durch eine Vielzahl von Namen deutlich, mit denen die Muslime es bezeichnen:

  • Al-Kalimâtu t-tayyibah, die schönen Worte
  • Al-Kalimâtu t-taqwa, die Worte der Gottesfurcht
  • Al-Qaulu th-thabit, die feststehende Aussage
  • Maqâlîdu s-samâwâti wa l-ard, Schlüssel zu Himmeln und Erde
  • Kalimâtu l-Ikhlâs, Worte der Aufrichtigkeit
  • Thamanu l-Janna, der Preis des Paradieses

Das Glaubensbekenntnis ist die Essenz des Islam und seiner gesamten Lehre; alle Einzelbestandteile des Islam sind abhängig von dieser Essenz. Deshalb ist das Aussprechen dieser heiligen Worte die vorzüglichste und beste aller Formen von Gottesdienst. Selbst as-Salât, das rituelle Gebet, die beste Art der Anbetung, ist nur zu bestimmten Tageszeiten Pflicht, während das Glaubensbekenntnis für den Gläubigen zu jeder Zeit verpflichtend ist. Glaube sollte stets vor jeglicher Art von schädlichen Ideen und Einflüssen wie Achtlosigkeit (Ghafla) geschützt und bewahrt werden. Fasten, Gebet und andere Formen des Gottesdienstes können nachgeholt werden, wenn es einen Hinderungsgrund gibt, sie zu ihrer jeweiligen Zeit zu verrichten, Glaube hingegen kann, unabhängig von allen Umständen, nicht auf einen späteren Zeitpunkt verschoben werden.

Die Worte des Glaubensbekenntnisses lauten:

„Asch-hadu an lâ ilâha illAllah wa asch-hadu anna Muhammadan rasûlullah“

„Ich bezeuge, dass es keine Gottheit gibt außer Allah und ich bezeuge, dass Muhammad Allahs Gesandter ist“

Um den Islam anzunehmen, ist es notwendig, diese Worte mit der Zunge auszusprechen und im Herzen zu akzeptieren. Das Glaubensbekenntnis beinhaltet alle Weisheit und alle Wahrheiten des Qur’ân. Mit anderen Worten ist der gesamte Qur’ân Ausdruck dieses Bekenntnisses. Die Essenz des Qur’ân besteht im Glauben an die Einheit Gottes (Tauhîd). Der folgende Vers verdeutlicht diese Realität:

Dies ist eine klare Botschaft für die Menschheit, damit sie dadurch gewarnt werden und dadurch wissen, dass Er, Allah nur Einer ist und damit die, die Verstand besitzen, es beachten mögen.“ (14:52)

Alle lobenswerten Handlungen eines Dieners Allahs sind Folgen und Früchte dieser wunderbaren Worte. Je stärker diese Worte im Herzen verwurzelt sind, desto mehr Freude findet der Diener an seinem Gottesdienst. Und im Gegensatz dazu sind alle Taten, die den Zorn Allahs heraufbeschwören, Ausdruck des Unglaubens an diese heiligen Worte. Allah der All-Erhabene sagt im Qur’ân:

Siehst du nicht, wie Allah ein Gleichnis geschaffen hat? - Ein gutes Wort ist wie ein guter Baum, dessen Wurzeln fest verwurzelt sind und seine Äste ragen empor in den Himmel. Er bringt zu jeder Zeit mit Erlaubnis seines Herrn seine Früchte hervor. Und Allah prägt Gleichnisse für die Menschen, damit sie ermahnt werden. Und das Gleichnis eines schlechten Wortes ist wie das eines schlechten Baumes: aus der Erde herausgerissen, von der Wurzel her, besitzt er keinen Halt.“ (14:24-26)

Die Worte „er bringt zu jeder Zeit seine Früchte hervor“ deutete der Prophet – Allah segne ihn und schenke ihm Frieden – als ständiges Gottesgedenken und Erwähnung der Namen Allahs.[1]

´Abdullah ibn ´Abbâs – möge Allah mit ihm zufrieden sein – sagte:

„Dieser Vers bezieht sich auf die Worte des Glaubensbekenntnisses, dessen Wurzeln im Herzen des Gläubigen verankert sind und seine Äste reichen empor zu den Himmeln. Die guten Taten des Gläubigen erreichen die Himmel. Die schlechten Worte sind die, die Unglaube beinhalten und solche, die Allah Partner beigesellen. Keine gute Tat wird angenommen ohne den Glauben.“

Deshalb teilt Allah uns im Qur’ân mit:

Wahrhaft erfolgreich wird der sein, der sich selbst reinigt . . .“ (87:14)

Und der Prophet – Segen und Friede Allahs seien auf ihm – erklärte, das Konzept der Selbstreinigung in diesem Vers bestehe im aufrichtigen Aussprechen des Glaubensbekenntnisses und dem Aufgeben jeglicher Art von Götzendienst, sowohl im Innern als auch im Äußeren.[2]

Die rechtschaffenen Gottesfreunde, deren Aufgabe darin besteht, die Seelen von jeder Art von Übel zu befreien, handeln entsprechend den Anweisungen der oben genannten Überlieferung. Nicht immer sind die Götzen offensichtlich erkennbar, oft nährt die Seele des Menschen solch verborgene Götzen wie seine tierischen Begierden. Im folgenden Qur’ânvers verurteilt Allah der All-Erhabene diese Verhaltensweise mit den Worten:

 „Hast du den gesehen, der seine eigenen Gelüste zu seiner Gottheit gemacht hat?“ (45:23)

Eine der im Qur’ân offenbarten Aufgaben des Propheten – Allah segne ihn und schenke ihm Frieden –, besteht darin, die Herzen der Menschen von spiritueller Krankheit zu reinigen und ihnen Einblicke in die tieferen Dimensionen des Glaubens an die Einheit Allahs zu eröffnen. Der Glaube ist wie ein Spiegel und wenn ein Mensch in seinem Verhältnis zu Allah achtlos ist, so wird dieser Spiegel beschlagen. Ein beschlagener Spiegel hindert uns daran, das göttliche Licht wahrzunehmen und zu reflektieren. Göttliches Licht erscheint im Herzen des Gläubigen nur dann, wenn dieses Herz durch Gottesgedenken und Erwähnung der Namen Allahs (Dhikrullah) weich geworden ist. Dhikr ist das Gegenteil von Achtlosigkeit (Ghafla). Der Rost des Herzens wird entfernt durch Hinwendung zu Allah in vollkommener Aufrichtigkeit und Hingabe.

Die Propheten und rechtschaffenen Gottesfreunde laden die Menschen ein, das Glaubensbekenntnis anzunehmen, welches ihnen die Tore des Himmels und der Erde öffnet. Die Propheten haben diese süßen Worte in bester Weise in Liebe und Barmherzigkeit mit der gesamten Menschheit geteilt. Viele gesegnete Menschen sind ihrem Ruf gefolgt und haben den wahren Glauben geschmeckt, dessen Geschmack noch süßer ist als der Paradiesquell Kauthar. Sie sind die Vorreiter, die die Fackel des Glaubens tragen. In diesem Zusammenhang können wir die Verse ´Azîz Mahmûd Hudayî’s verstehen:

„Folge den Geboten Allahs,

komm’ zur Einheit, zur Einheit!

Erneuere deinen Glauben,

komm’ zur Einheit, zur Einheit!

Schau nicht zu weit in die Ferne,

wirf’ nicht dein Herz ins Feuer!

Geh’ nicht auf alles ein, was dir ins Auge fällt!

Komm’ zur Einheit, zur Einheit!

Schließ’ deine Augen für alles außer Allah,

erwarte von Allah, was immer du brauchst,

wirf’ all’ deine Sorgen aus deinem Herzen!

Komm’ zur Einheit, zur Einheit!

Was beschäftigt deine Gedanken,

der du dem Betrug des Vergänglichen erlegen bist?

Eines Tages wirst du erwachen.

Komm’ zur Einheit, zur Einheit

Lass’ die blinde Gefolgschaft hinter dir,

bekenne die Einheit Allahs in wahrer Aufrichtigkeit!

All deine Träume werden wahr.

Komm’ zur Einheit, zur Einheit!

Mach’ dich nicht zum Sklaven äußerer Formen,

schau’ auf die Bedeutung, die Wirklichkeit!

Versuch’ der Wahrheit nah zu sein!

Komm’ zur Einheit, zur Einheit!

Glaube nicht deiner Fleischesseele,

denk’ nicht, dass du weißt und verstehst!

Stürz’ dich nicht in das Feuer des Götzendienstes!

Komm’ zur Einheit, zur Einheit!

Lass’ vergängliche Liebe!

Denkst du je an den Tod?

Der Reisende zieht weiter, komm’ nicht zu spät!

Komm’ zur Einheit, zur Einheit!“

Das Glaubensbekenntnis enthält grenzenlose Weisheit. Deshalb bestätigen Himmel und Erde und alles, was in ihnen ist, die Botschaft dieser heiligen Worte. Und selbst Allah der All-Erhabene bezeugt Seine eigene Einheit in den Worten:

Allah bezeugt, dass es keine Gottheit gibt außer Ihm und die Engel und die, die Wissen besitzen (bezeugen es), fest gegründet in Gerechtigkeit: es gibt keine Gottheit außer Ihm, dem Mächtigen, dem All-Weisen.“ (3:19)

Das Glaubensbekenntnis beinhaltet zusammengefasst vier Bedeutungen.

1. Bestätigung der Existenz Allahs

2. Bestätigung der Eigenschaften Allahs

3. Bestätigung der Werke Allahs

4. Bestätigung der Vertrauenswürdigkeit des Gesandten Allahs – Segen und Friede seien auf ihm

Die grundlegenden Bestandteile des islamischen Glaubens sind zusammengefasst in einer ‚Âmantu’ (‚ich glaube . . .’) genannten Formel, die mit ihren sechs Säulen eine Zusammenfassung des gesamten islamischen Glaubenssystems beinhaltet. Die Übersetzung dieser Glaubensgrundsätze bedeutet:

Ich glaube an Allah, den All-Erhabenen, an Seine Engel, an Seine (heiligen) Schriften, Seine Gesandten, an den Jüngsten Tag, an die göttliche Bestimmung im Guten wie im Schlechten und die Wiederauferstehung nach dem Tod.

Wenn jemand die fünf Grundpfeiler des Islam akzeptiert, wird er oder sie damit zum Muslim; wenn jemand die sechs Säulen des Glaubens akzeptiert, wird er oder sie zum Gläubigen. Allerdings reicht es nicht aus, diese Worte nur mit der Zunge auszusprechen, ohne sie gleichzeitig im Herzen zu akzeptieren.

Zusätzlich zum Glauben an Allah und das Prophetentum Muhammads – Allah segne ihn und schenke ihm Frieden – ist es notwendig, nach Verständnis und Wissen zu streben und Rechtschaffenheit zu praktizieren, so dass unser Glaube stark und vollkommen wird, um uns zur Errettung zu führen. Wenn wir von einem starkem Glauben sprechen, so beinhaltet dieser auch das Akzeptieren aller göttlichen Eigenschaften Allahs.

 

[1] M. Zakariyâ Kandehlevî, Fadâ’il al-A´mâl

[2] M. Zakariyâ Kandehlevî, Fadâ’il al-A´mâl, 466