Bedeutung und Ziele der Pflichtabgabe (Zakât)
“Und sie speisen, aus Liebe zu Ihm (Allah), den Armen, die Waise und den Gefangenen” (Qur’ân, 76:8)
Der Mensch ist das edelste all der unzähligen von Allah erschaffenen Geschöpfe. An diesem gottgegebenen Vorzug ändern auch all die natürlichen oder durch äußere Umstände bedingten Unterschiede zwischen den einzelnen Menschen, wie Rasse, Nationalität, Stärke oder Schwäche, Gesundheit oder Krankheit, Bildung oder Unwissenheit, Reichtum oder Armut, nichts. Sie alle dienen dazu, Ordnung und Harmonie innerhalb der menschlichen Gesellschaft herzustellen. Durch diese Unterschiede sind die Menschen in der Lage, in verschiedenster Weise voneinander zu profitieren.
Die beiden einander entgegensetzten Zustände von materieller Armut und Reichtum sind dabei im Hinblick auf die gesellschaftliche Ordnung von ganz besonderer Bedeutung. Allah hat eine Welt erschaffen, in der Menschen, manchmal vorübergehend, manchmal auf Dauer, reich oder arm werden, um sie darin, entsprechend Seinem göttlichen Ratschluss und Seiner Weisheit, durch unterschiedliche Situationen zu prüfen. Wohlstand an sich ist keine Tugend, genauso wenig wie Armut eine Schande ist; beide sind Bestandteile Seines göttlichen Plans und Ausdruck der Weisheit Seiner Bestimmung. So sagt Allah der Erhabene im heiligen Qur’ân:
„Wir Selbst verteilen unter ihnen ihren Unterhalt im irdischen Leben und Wir erheben einige von ihnen über andere im Rang, auf dass die Einen die Anderen in den Dienst nehmen mögen. Und die Barmherzigkeit deines Herrn ist besser als das, was sie anhäufen. Und wenn nicht die Menschen dadurch zu einer einzigen Gemeinde (von Ungläubigen) würden, gäben Wir denen, die nicht an den All-Gnädigen glauben, Dächer aus Silber für ihre Häuser und ebensolche Treppen, um hinaufzusteigen und Türen für ihre Häuser und Ruhestätten, um darauf zu liegen und Prunk. Doch all dies ist nichts als Versorgung für das irdische Leben. Und das Jenseits bei deinem Herrn gehört den Gottesfürchtigen.“ (43:32-35)
„Allah vermehrt die Versorgung Seiner Diener wem Er will oder verringert sie; wahrlich, Allah hat Kenntnis aller Dinge.“ (28:62)
Wie wir diesen Versen entnehmen können, ist die Verteilung von Besitz nicht für alle Menschen gleich. Aber ist diese Art der Verteilung nicht ungerecht? Da die Verantwortung für den Umgang mit Besitz von den Fähigkeiten des Einzelnen abhängt, lautet unsere Antwort auf diese Frage: ‚Nein!’. Denn diejenigen, die über größeren Wohlstand verfügen, haben auch die damit verbundene Last der Verantwortung zu tragen, die größer ist als die derjenigen, die weniger besitzen, und sie werden auch dementsprechend zur Rechenschaft gezogen. Auf diese Weise wird innerhalb der Gesellschaft eine Art dynamischen Gleichgewichts hergestellt. Um die Menschen davor zu bewahren, zu habgierigen, selbstsüchtigen und hochmütigen Sklaven ihres Besitzstrebens zu werden oder innerlich aus Armut von Eifersucht und Hass auf die Reichen zerfressen zu werden, hat Allah die Zakât zur Pflicht gemacht. Aus diesen Gründen kommt dem Gottesdienst in Form von Zakât und Spenden innerhalb der islamischen Gesellschaft größte Bedeutung zu. Durch Zahlung eines festgelegten Betrages von dem Besitz, der während eines Mindestzeitraumes von einem Jahr unangetastet verfügbar war, wird zwischen Armen und Reichen eine soziale Balance aufrecht erhalten, die Gerechtigkeit, gegenseitigen Respekt und Zuneigung in sich vereint. Dabei sollte man stets daran denken, dass weder Arme noch Reiche wissen können, ob ihr jeweiliger Grad an Armut oder Reichtum zu einem bestimmten Zeitpunkt von Dauer oder nur vorübergehend sein wird. Die Bedürftigen sollten sich nicht darauf einrichten, dauerhaft von Gaben und Spenden Anderer zu leben, sondern sich darum bemühen, eigenen Besitz zu erwerben. Und die Reichen sollten sich anstrengen, ihren Besitz in einer Weise zu nutzen, die Allah wohlgefällig ist, statt diesen nur anzuhäufen und zu horten. Betont werden muss auch, dass letztlich jede Ausgabe auf dem Wege Allahs, entweder in dieser Welt oder im Jenseits, zu ihrem Spender zurückkommen wird.
Natürlich darf die Rolle der Regierung nicht übersehen werden, deren Aufgabe darin bestehen sollte, Rahmenbedingungen herzustellen, die den Menschen bei der Überwindung chronischer Armut helfen, sowie die Ausbeutung der Armen durch die Reichen, Machtmissbrauch und verwerfliche Geschäftspraktiken zu verhindern. Neben Anreizen für Geschäftsleute sollte es deshalb auch Programme auf den Gebieten der Bildung und Ausbildung, der medizinischen Grundversorgung und staatlicher Sozialleistungen geben.
Die Zakât ist eine der wichtigsten Pflichten im Islam im Hinblick darauf, was der Mensch Anderen, die Allah liebt und die Seine Diener sind, schuldig ist.
Allah prüft Seine Diener, in Seiner göttlichen Weisheit und mit Seinem Wissen, entsprechend dem, was Er ihnen gegeben hat. Er wird die Reichen dafür zur Rechenschaft ziehen, ob sie ihren Wohlstand auf rechtmäßige oder unrechtmäßige Art und Weise erworben haben, ob sie ihre Zakât entrichtet haben und ihren Besitz auf dem Wege Allahs genutzt oder verschwendet haben. Für die Wohlhabenden ist dieses göttliche Gebot eine ernsthafte Herausforderung, um zu prüfen, ob sie ihre Verpflichtungen gegenüber den weniger mit Wohlstand gesegneten Mitgliedern der Gesellschaft, die Hilfe zum Lebensunterhalt benötigen, einhalten. Wenn sie diese Prüfung erfolgreich bestehen, erwarten sie die höchsten Freuden und gewaltiger Lohn im Paradies. Allah der Erhabene sagt:
„Und spendet von dem, was Wir euch gegeben haben, bevor einen von euch der Tod ereilt und er sagt: ‚Mein Herr! Wenn Du mir nur Aufschub für eine kurze Zeit gewähren würdest, ich würde Almosen geben und einer der Rechtschaffenen sein.’ Doch nie gibt Allah jemandem Aufschub, wenn seine Zeit gekommen ist. Und Allah weiß genau, was ihr tut.“ (63:10-11)
Die Armen hingegen werden auf andere Weise geprüft. Allah der Allmächtige verlangt von ihnen keine Abgaben, die sie noch tiefer in die Armut stürzen würden. Ihre Prüfung besteht darin, geduldig zu sein, sich nicht grundlos zu beklagen oder in Rebellion gegen die Gesellschaft zu verfallen, sondern das anzunehmen, was andere auf rechtmäßige Weise erworben haben und ihre Reinheit und Aufrichtigkeit zu bewahren. Wenn sie diese Prüfung erfolgreich meistern, wird ihnen im Jenseits riesiger Lohn zuteil und ihr Leiden in dieser Welt wird sich in ewige Glückseligkeit und himmlische Reichtümer verwandeln.
Im Qur’ân wird der göttliche Befehl, die Zakât zu entrichten, 27 Mal in Verbindung mit dem Gebet erwähnt. Allein dies sollte ausreichen, um zu verdeutlichen, dass die Entrichtung der Zakât zu den wichtigsten Pflichten im Islam gehört. Nur an einer Stelle (in der Sure al-Mu’minûn), bei der Aufzählung der besonderen Bedeutung der einzelnen Formen von Gottesdienst, wird die Zakât alleine erwähnt.
Im Islam lassen sich zwei Kategorien von Pflichten unterscheiden: Die Pflichten, die wir direkt Allah schuldig sind (HuqûqAllah), wie zum Beispiel das Gebet, und die Pflichten, die wir Anderen gegenüber schuldig sind (Huqûqu l-´Ibâd), wie die Zakât. Diese beiden Formen des Gottesdienstes (Gebet und Zakât) besitzen den höchsten Stellenwert innerhalb der jeweiligen Kategorie und beinhalten, dass wir sowohl etwas von uns selbst, als auch von dem Besitz, der uns geschenkt wurde, abgeben müssen.
Während im Islam im Allgemeinen die Erfüllung der verschiedenen Pflichten unabhängig voneinander betrachtet wird und die Versäumnis einer Art von Gottesdienst sich normalerweise nicht auf die Gültigkeit einer anderen auswirkt, gilt bezüglich der Zakât etwas Anderes: das Gebet desjenigen, der keine Zakât entrichtet, wird nicht angenommen. Der Prophet – Allah segne ihn und schenke ihm Frieden – hat dazu gesagt:
„Das Gebet desjenigen, der keine Zakât entrichtet, ist wertlos.“[1]
Aus diesem Grund betrachtete der erste Khalîf des Islam, Abû Bakr – möge Allah mit ihm zufrieden sein –, diejenigen, die sich weigerten, die Zakât zu entrichten, als Abtrünnige, obwohl sie das Gebet verrichteten. Er erklärte denen den Krieg, die nicht bereit waren, das zu entrichten, was durch göttlichen Befehl als Recht der Armen gegenüber den Reichen festgesetzt wurde. Allah der Erhabene sagt im heiligen Qur’ân:
„Und in ihrem Besitz ist ein Anteil für den Bittenden (Bedürftigen) und den Mittellosen“ (51:19)
Und der Gesandte Allahs – Segen und Friede Allahs seien auf ihm – er-klärte diesen Vers, indem er sagte:
„Wenn ihr von eurem Besitz die Zakât entrichtet, zahlt ihr damit den Armen den Anteil an eurem Besitz, der ihnen zusteht.“[2]
Wenn die Wohlhabenden von ihrem Besitz das abgeben, was den Bedürftigen zusteht, wird dadurch der Rest ihres Besitzes gesegnet. Ihr Besitz wird dadurch sozusagen gereinigt und vor sämtlichen Arten von Unheil geschützt. Wenn auf diese Weise die Bedürftigen und Benachteiligten am gesellschaftlichen Wohlstand teilhaben, können auch die Reichen, in dem Wissen, dass die Armen bezüglich ihrer Grundbedürfnisse versorgt sind, ihren Wohlstand unbesorgt genießen. Dies kommt auch in dem folgenden Qur’ânvers zum Ausdruck:
„Nimm Almosen von ihrem Besitz, damit du sie dadurch reinigen und läutern mögest. Und bete für sie, denn dein Gebet verschafft ihnen Beruhigung. Und Allah ist Allhörend, Allwissend.“ (9:103)
Die Verteilung von Spenden erfreut einerseits die Armen, andererseits aber nützt sie noch viel mehr den Reichen, denn sie erlangen dadurch Segnungen in dieser Welt und in der nächsten. Das Wort Zakât bedeutet ursprünglich ‚Reinigung’ oder ‚Läuterung’ und die Zakât ist ein Mittel zur Läuterung von den Krankheiten des Herzens. Sie reinigt den Besitz von den Ansprüchen Anderer und macht ihn auf diese Weise pur und rein, so wie es im Allgemeinen der Aufgabe der Propheten entspricht, die Menschen von allen Arten spiritueller Krankheit zu reinigen.
Darüber hinaus knüpfen Gaben, die bereitwillig und mit großzügigem Herzen gegeben werden, ein Band der Zuneigung und Verbundenheit zwischen Armen und Reichen. Der Konflikt zwischen Armen und Reichen besteht unter den Menschen seit frühester Zeit. Die Wohlhabenden betrachteten die Besitzlosen von oben herab als nutzlose Ignoranten und verachteten und verurteilten sie aufgrund ihrer Armut. Auf der anderen Seite schauten die Armen voller Wut und Neid auf die Reichen. Dies ist auch heutzutage noch der Stand der Beziehungen zwischen Arm und Reich in den meisten Gesellschaften dieser Welt. Alle göttlich offenbarten Religionen enthalten jedoch Gebote, sich um andere Menschen zu kümmern und gegenüber den Schwachen Barmherzigkeit und Liebe zu üben. Wenn heutzutage jeder Wohlhabende seine Pflichtabgabe entrichten würde, gäbe es keine Mittellosen mehr.
Zur Zeit des Khalîfen ´Umar ibn ´Abd al-´Azîz berichteten die Provinzgoverneure dem Khalîfen, dass sie ‚niemanden mehr finden konnten, um ihm die Zakât zu geben’, und baten um seine Anweisungen, wie sie mit den Einnahmen verfahren sollten, denn alle Zakât-Pflichtigen hatten ihre Zakât entrichtet. Aus diesem Grunde wird die Regierungszeit des Khalîfen ´Umar ibn ´Abd al-´Azîz als strahlendste Periode nach der Zeit der vier rechtgeleiteten Khalîfen betrachtet. In solch einem Zustand, wo alle um Allahs Willen abgeben und spenden, tritt besonders deutlich die Gnade Allahs in Erscheinung.
Meister Jalâluddîn Rûmî beschreibt in faszinierender Weise, wie wichtig es ist, den Armen zu helfen:
„Die Seelen derer, die von den Nöten der Armut bedrückt sind, gleichen einem von Rauch erfüllten Haus. Hör’ dir ihre Sorgen an und öffne so, um sie von ihren Sorgen zu befreien, ein Fenster dieses raucherfüllten Hauses, damit der Rauch abzieht und gleichzeitig durch Erweichen deines Herzens deine Seele Frieden finde.“
So behandelt der Islam die Wunden, die Armut und Reichtum in der Gesellschaft hinterlassen. Andere, nicht-islamische Systeme haben sich als unfähig erwiesen, sichtbare oder anhaltende Erfolge bei der Lösung dieses delikaten Problems zu erzielen. Sie verfielen entweder in das Extrem, den persönlichen Besitz und das Privateigentum abschaffen oder stark begrenzen zu wollen, oder in eine Vergötterung des Strebens nach individuellem Wohlstand. Sie verweigerten den Armen das Recht, die Reichen um Hilfe zu bitten oder überließen es ihnen ganz alleine, Andere um Unterstützung zu ersuchen, was dann fast zwangsläufig zu einem dauerhaften Bettlerdasein führt. Der Islam löst dieses Problem durch Aufforderung an die Reichen unter Hinweis auf die Segnungen des Gebens von Spenden, sowohl öffentlich als auch im Verborgenen, und durch die gleichzeitige Mahnung an die Armen, geduldig zu sein und sich, um nicht auf Dauer eine Last für die Gesellschaft zu sein, entsprechend ihren Möglichkeiten um den Erwerb ihres Lebensunterhaltes zu bemühen.
In der Tat stellt die Pflichtabgabe einen der größten Werte dar, den der Islam der Menschheit gebracht hat. Die Schwierigkeiten und das Leid der Armen, der Mittellosen, der Witwen und Waisen werden durch die Einrichtung der Zakât und andere Formen von Spenden gelindert. Und ebenso war es der Islam, der den Sklaven das Tor zur Freiheit öffnete. Durch Spenden wurde es ihnen vielfach ermöglicht, sich selbst freizukaufen und die Freilassung eines Sklaven ohne Zahlung wurde den Gläubigen als eine der verdienstvollsten Handlungen und ein Mittel zur Vergebung von Sünden empfohlen.
Neben der Bekämpfung der Armut hat die Zakât noch eine weitere bedeutsame Funktion. Sie verhindert das Versinken der Menschen im Sumpf endloser Zinszahlungen, denn wenn Bedürftigen nicht geholfen wird, sind sie häufig gezwungen, Geld zu hohen Zinsraten zu leihen. Dieses Kreditnehmen scheint anfangs eine einfache Lösung zu sein, doch stellt es in Wirklichkeit eine Ausbeutung der Armen dar. Wenn die Zakât entrichtet wird, brauchen die Armen keine Darlehen für lebensnotwendige Dinge aufzunehmen. Diejenigen, die hohe Zinsen auf Kredite an Leute in Bedrängnis nehmen, nutzen deren Lage aus, wohingegen diejenigen, die Zakât und Spenden geben, ihnen tatsächlich helfen, ihre Last zu tragen. Sie erwarten keinen weltlichen Lohn, sondern helfen um des Wohlgefallens Allahs des Allmächtigen willen. Da sie zumeist den Banken keine Sicherheiten zu bieten haben, sind Arme oft auf Kredithaie angewiesen. Wenn sie nicht in der Lage sind, das Darlehen innerhalb kurzer Zeit zurückzuzahlen, verdoppelt und verdreifacht sich der geschuldete Betrag, so dass der Schuldner kaum noch mit der Zahlung der Zinsen nachkommen kann und sich so auf Dauer verschuldet.
Ein habgieriger Mensch ist nie mit dem zufrieden, was er besitzt und je mehr er hat, desto habgieriger wird er. Diejenigen, die spenden, werden hingegen nicht von dieser Habgier befallen und geben sich mit Wenigem an weltlichem Besitz zufrieden. Diejenigen, die von Zinsen leben, entwickeln eine grenzenlose Geldgier und dabei scheint es ihnen auch nichts auszumachen, wenn sie das Leben anderer zerstören, um ihren eigenen Wohlstand zu mehren. An allen großen Handelsplätzen dieser Welt findet man heutzutage Leute, die dafür als traurige Beispiele dienen können.
Der Qur’ân befiehlt uns dagegen, bei unseren Geschäften auf das Zinsnehmen zu verzichten:
„Allah lässt den Zins dahinschwinden und die Spenden sich vermehren und Allah liebt nicht die hartnäckigen Ungläubigen und Frevler.“ (2:276)
Diejenigen, die in ihren Geschäftsbeziehungen mit Zinsen arbeiten, verlieren den Segen Allahs und werden infolge dessen im Jenseits zu Bankrotteuren. Dieser Bankrott kann sie auch schon in dieser Welt ereilen und viele, die gewaltige Vermögen durch Zinsgeschäfte, Spekulation und ähnliche Praktiken angehäuft haben, verlieren diese in kürzester Zeit wieder. Ein Unglück oder eine Krankheit, Verschwendung oder Fehlinvestitionen zehren schnell all ihren Wohlstand auf. Durch Zinsgewinne, ohne produktive Tätigkeit oder nutzbringende Investition, werden die Reichen immer reicher und die Armen noch ärmer. Deshalb führt Zinsennehmen zur Zerstörung der gesellschaftlichen Einheit. Doch die zerstörerischste Folge eines solchen Wirtschaftssystems ist, dass die Menschen ihre Chance zu spirituellem Wachstum und ewiger Glückseligkeit verspielen.
Dagegen etabliert die Entrichtung und Verteilung von Zakât und freiwilligen Spenden gesellschaftliche Harmonie und Ordnung und bringt Segen in dieser Welt und im Jenseits mit sich. Die folgende Geschichte ist ein schönes Beispiel für derartige Großzügigkeit und gesellschaftliche Solidarität:
Als einmal ein Bettler zu ´Alî – möge Allah sein Gesicht erstrahlen lassen – kam und ihn um eine Spende bat, schickte er seine beiden Söhne Hasan und Husayn mit den Worten los:
„Lauft zu eurer Mutter und holt die ganzen sechs Dirhams, die wir haben!“
Sie liefen nach Hause und brachten ihrem Vater die sechs Dirham und er gab sie dem Bettler, obwohl sie das Geld selbst gebraucht hätten, denn Fâtima hatte vorgehabt, davon Mehl zu kaufen.
´Alî – möge Allah mit ihm zufrieden sein – ging zurück nach Hause. Kaum war er zu Hause angekommen, kam ein Mann zu ihm, der vergeblich versucht hatte, auf dem Markt sein Kamel zu verkaufen. Er sagte, er wolle nur 140 Dirham für das Kamel haben und wäre auch einverstanden, sein Geld erst zu einem späteren Zeitpunkt zu bekommen. Er band das Kamel im Garten an und zog weiter. Nicht lange danach erschien ein Mann, der bereit war, das Kamel für 200 Dirham zu erwerben. Er zahlte die Summe auf der Stelle und nahm das Kamel mit.
´Alî gab dem Verkäufer seine 140 Dirham und Fâtima den Rest des Geldes. Dabei sagte er zu ihr:
„Dies ist das Versprechen, das Allah durch seinen Propheten gegeben hat: ‚Wer ein gutes Werk tut, den belohnt Allah dafür mit dem Zehnfachen davon.’ Wir haben sechs Dirham gegeben und Allah hat uns zehnmal so viel zurückgegeben.“ Daraufhin rezitierte er den folgenden Qur’ânvers:
„Demjenigen, der eine gute Tat vollbringt, wird sie zehnfach vergolten werden ...“ (6:160)
Über diese frohe Botschaft hinaus weist Allah im Qur’ân darauf hin, dass das Entrichten der Zakât und Geben freiwilliger Spenden die Tore der göttlichen Barmherzigkeit öffnet und Übel abwendet:
„Gibt es einen Lohn für das Gute – außer dem Guten?“ (55:60)
Die folgende Geschichte, die sich tatsächlich in Istanbul in den Tagen der Anarchie abgespielt hat, ist ein gutes Beispiel für den großen Nutzen freiwilliger Spenden:
Eine Bande von fünf oder sechs Räubern überfiel einen Lebensmittelladen und verlangte den Kasseninhalt. Dem Besitzer, einem alten Mann, blieb keine andere Wahl, als den Verbrechern seine gesamten Einnahmen auszuhändigen. Als er gerade dabei war, ihnen die Kasse aufzumachen, erkannte ihn einer der Räuber wieder. Er wandte sich an seine Kumpane, richtete seine Pistole auf sie und sagte:
„Bevor ihr diesen Mann ausraubt, müsst ihr erst mich töten!“
Seine Freunde waren vollkommen überrascht von seinem Benehmen und sagten:
„Wir haben doch bisher schon so viele Läden überfallen und ausgeraubt, was ist so besonders an diesem alten Mann, dass wir seinen Laden nicht auch ausrauben sollten? Lass’ uns doch in Ruhe diesen Job zu Ende bringen!“
Da antwortete er ihnen:
„Wir werden aus diesem Laden nicht einmal eine Stecknadel mitnehmen! Wisst ihr, wer dieser alte Mann ist? Er ist derjenige, der meine Familie unterstützt hat, während ich meine Zeit mit Saufen und Glücksspiel verbracht und meine Familie vernachlässigt habe. Er hat sich wie ein liebevoller Vater um sie gekümmert und für die Ausbildung meiner Kinder gezahlt. Also hört auf, mich zu bedrängen und lasst diesen Mann in Frieden.“
Da entschuldigten sich die Räuber und verließen den Laden, ohne auch nur eine Lira mitzunehmen.[3]
Dies ist ein gutes Beispiel für die Wahrheit der Worte:
„Das Geben von wenig Spenden wendet großes Übel ab.“
Das beste Beispiel für die Unterstützung der Armen und Hilfe bei der Lösung ihrer Probleme lässt sich im Leben des Propheten – Allah segne ihn und schenke ihm Frieden – finden. Er war bestrebt, die Großzügigkeit zu einem untrennbaren Charakterzug eines jeden Muslims zu machen. Deshalb sagte er:
„Die obere (gebende) Hand ist besser als die untere (nehmende)!“[4]
Und er lobte diejenigen, die Spenden geben, in folgenden Worten:
„Man sollte auf niemanden eifersüchtig sein, außer auf Zwei: Einen Mann, dem Allah Wohlstand gegeben hat und der ihn auf rechte Weise ausgibt und einen, dem Allah Weisheit verliehen hat und der entsprechend handelt und andere lehrt.“[5]
Das folgende Bittgebet des Gesandten Allahs – Segen und Friede seien auf ihm – macht deutlich, wie viel ihm die Armen und Schwachen der Gesellschaft bedeuteten:
„O mein Herr! Lass’ mich als einen der Armen leben, lass’ mich als einen der Armen sterben und lass’ mich auferstehen mit den Armen!“[6]
Er machte sein Haus zu einem Zufluchtsort der Armen und stellte einen Teil desselben den armen Auswanderern (Muhajirûn) zur Verfügung.
Und er sagte – Allah segne ihn und schenke ihm Frieden:
„Allah wird die Armen, ohne dass sie zur Rechenschaft gezogen werden, vierzig Jahre vor den Reichen ins Paradies gelangen lassen.“[7]
und:
„Die Reichen sind die wirklich Armen.“[8]
Womit er zum Ausdruck brachte, dass wirkliche Macht und Würde nicht auf Reichtum, sondern auf Vorzüglichkeit des Charakters und Gottesfurcht beruhen.
Diejenigen seiner Umma, die nicht zu spenden in der Lage waren, tröstete er damit, dass es auch als Spende gilt, den Menschen mit einem fröhlichen Gesicht zu begegnen und freundliche Worte zu sprechen.
In dieser Weise lehrt der Islam, dass weder Reichtum noch Armut an sich eine Tugend darstellen, denn die Tugendhaftigkeit liegt allein im Verhalten eines Menschen. Ein Armer kann genauso einen wichtigen Beitrag zum Nutzen der Gesellschaft leisten wie ein Wohlhabender und sollte deshalb mit ebensolchem Respekt behandelt werden wie dieser. Der Islam bietet sowohl den Reichen als auch den Bedürftigen gleichermaßen die Möglichkeit, göttlichen Lohn und das Wohlgefallen Allahs zu erwerben. Geld und Besitz sind nicht die höchsten Werte, entscheidend ist, wie jemand sich verhält, ganz gleich ob als Besitzender oder Mittelloser. Für den Diener, der im Streben nach göttlichem Wohlgefallen sein Leben in aufrichtiger Weise lebt, ist weder Reichtum noch Armut von Übel.
Und noch eine andere wichtige Weisheit liegt der Pflicht, die Zakât zu entrichten und der Empfehlung, freiwillige Spenden zu geben, zugrunde:
Sie verhindern die Monopolisierung des Kapitals in den Händen einiger weniger Individuen. Wenn der Besitz sich in den Händen einer kleinen Zahl von Leuten befindet, führt dies in der Regel zu Unterdrückung und Ausbeutung der Armen. Wenn Reichtum als Mittel zur Durchsetzung von Überlegenheitsansprüchen missbraucht und zum Nährboden für Arroganz wird, hat dies unausweichlich schreckliche Konsequenzen, vor allem für die Reichen. Alle Mitglieder der Gesellschaft, ganz gleich ob arm oder reich, sind, als Bestandteile des weisen göttlichen Plans Allahs des Allmächtigen, sowohl spirituell als auch materiell, aufeinander angewiesen. Wir sollten uns deshalb stets daran erinnern, dass in Wirklichkeit all unser Besitz Allah gehört. Der Mensch ist überhaupt nur in übertragenem Sinne in der Lage, etwas zu besitzen. Allah der Erhabene sagt dazu im edlen Qur’ân:
„O ihr Menschen! Ihr seid bedürftig und auf Allah angewiesen, Allah aber ist derjenige, der auf keinen angewiesen und allen Lobpreises würdig ist.“ (35:15)
Wie dieser Vers erklärt, besitzt der Mensch in Wirklichkeit nichts und ist zu jeder Zeit vollkommen auf Allah angewiesen, selbst wenn er zu den Reichen zählt. Wir leben im Herrschaftsbereich Allahs des Allmächtigen und überleben durch die Versorgung, die Er uns gewährt. Doch aufgrund einer uns verborgenen göttlichen Weisheit erscheint es den Menschen, als wären sie tatsächlich die Besitzer der Dinge, die sie umgeben. Dabei vergessen wir nur allzu oft, dass unser Besitz ein Mittel ist, um uns zu prüfen. König Sulaymân, der riesigen Wohlstand besaß und über ein Reich herrschte, wie kein anderer in der menschlichen Geschichte, verlor mit einem Schlag all seinen Reichtum. Doch als er Allah um Vergebung bat, gab dieser ihm sein Königreich zurück. Aus diesem Grunde warnen uns die Gottesfreunde davor, der Versorgung hinterherzulaufen und raten uns, lieber nach dem Versorger Ausschau zu halten.
Wohlstand ist ein den Menschen auf begrenzte Zeit anvertrautes Gut, mit Hilfe dessen sie geprüft werden. Der Mensch ist nicht berechtigt, es nach Gutdünken zu verschwenden. Er sollte stets bemüht sein, in der Weise davon Gebrauch zu machen, die Allah der Allmächtige, der wahre Besitzer allen Wohlstands, ihm gebietet. Wenn Reichtum in dem Willen des Allmächtigen entgegengesetzter Weise missbraucht wird, korrumpiert er den Charakter des Menschen und verleitet ihn dazu, Ungerechtigkeiten gegen seine Mitmenschen zu begehen. Reichtum entwickelt ein gewaltiges zerstörerisches Potential, wenn der Mensch zulässt, dass die Liebe zu Geld und Gut uneingeschränkt von ihm Besitz ergreift. Deshalb bezeichnet Allah der Erhabene weltlichen Besitz als eine Heimsuchung, wenn er als Ziel an sich vergöttert wird, anstatt ihn als ein Mittel zu betrachten. In Hinblick auf die Unglückseligen, die diesem Irrtum verfallen, sagt Allah im heiligen Qur’ân:
„Und denen, die Gold und Silber horten und es nicht auf dem Wege Allahs ausgeben, verheiße ihnen schmerzliche Strafe! An dem Tage, wo es im Feuer der Hölle glühend gemacht und ihre Stirnen und ihre Seiten und ihre Rücken damit gebrandmarkt werden (wird ihnen gesagt): ‚Dies ist, was ihr für euch gehortet habt, nun schmeckt, was ihr zu horten pflegtet!’“ (9:34-35)
Und auch der Gesandte Allahs – Segen und Friede seien auf ihm – hat uns vor den Gefahren des Geizes und des selbstsüchtigen Festhaltens an unserem Besitz gewarnt, als er sagte:
„Es vergeht kein Tag, an dem der Diener morgens aufsteht, ohne dass zwei Engel herabkommen, von denen der erste bittet: ‚O Allah, gib dem mehr, der seinen Besitz (auf dem Wege Allahs) ausgibt!’ während der andere sagt: ‚O Allah, mach’ den zunichte, der aus Geiz hortet!’“[9]
Darüber hinaus lobte er – Allah segne ihn und schenke ihm Frieden – diejenigen, die ihren Besitz zum Nutzen der Gemeinschaft ausgeben und beschreibt, wie die Spenden einen ins Paradies hinüberretten, während Geiz ins Höllenfeuer führt:
„Die Großzügigkeit ist ein Baum des Paradieses, dessen Äste bis in diese Welt reichen. Wer einen der Äste ergreift, wird von diesem ins Paradies gebracht. Geiz ist ein Baum der Hölle, dessen Äste bis in diese Welt reichen. Wer einen davon ergreift, wird von ihm in die Hölle gebracht.“[10]
Dies sind klare Worte des Propheten – Allah segne ihn und schenke ihm Frieden –, die jene vor einem schrecklichen Ende warnen, die ihrer Verantwortung gegenüber der Gemeinschaft in Form von Zakât oder dem Geben freiwilliger Spenden nicht nachkommen.
Die Verse des heiligen Qur’ân und die Prophetenworte weisen darauf hin, dass Menschen, wenn die Liebe zu weltlichem Wohlstand von ihren Herzen Besitz ergreift, durch Horten ihres Reichtums die Armen um ihr Recht betrügen. Angesichts solch klarer göttlicher Warnungen sollten wir äußerst genau darauf achten, unsere Verpflichtungen gegenüber den Armen einzuhalten und uns darum bemühen, mehr als nur den vorgeschriebenen Mindestbetrag von zweieinhalb Prozent unseres ruhenden Besitzes zu geben. Der folgende Vers aus dem heiligen Qur’ân gibt uns dabei einen grundsätzlichen Rahmen:
„Und sie befragen dich, was sie spenden sollen. Sprich: ‚Das Überschüssige.’“ (2:219)
Die Gefährten des Propheten – Allah segne ihn und sie und schenke ihm und ihnen Frieden – waren sich der großen Bedeutung der Wohltätigkeit sehr bewusst und wetteiferten darin, ihren Besitz wegzugeben. Als der Prophet – Allah segne ihn und schenke ihm Frieden – vor dem Feldzug nach Tabûk seine Gefährten um Spenden bat, brachte ´Umar – möge Allah mit ihm zufrieden sein – die Hälfte seines Besitzes, in der Annahme, damit alle anderen übertroffen zu haben. Jedoch Abû Bakr – möge Allah mit ihm zufrieden sein – spendete seinen gesamten Besitz für die Sache des Islam und als ihn der Gesandte Allahs fragte:
„Was hast du für deine Familie und Kinder behalten?“
antwortete er: „ Allah und Seinen Gesandten ...!“[11]
Das Verständnis der Sufis bezüglich des Gebens wohltätiger Spenden wird in folgendem Vorfall deutlich:
Eines Tages fragte ein Faqîh (islamischer Rechtsgelehrter) den berühmten Sufi-Meister Schiblî, um ihn zu prüfen, nach der Höhe der zu entrichtenden Zakât, denn zu jener Zeit hielten einige Gelehrte die Sufis für unwissend bezüglich des islamischen Rechts.
Schiblî fragte darauf den Faqîh:
„Soll ich dir entsprechend der Rechtsschule der Fuqahâ[12] oder der Rechtsschule der Fuqarâ[13] antworten?“
Der Faqîh sagte: „Gib’ mir beide Antworten!“
Da sagte Schiblî:
„Nach Auffassung der Fuqahâ muss der Besitz ein ganzes Jahr in den Händen seines Besitzers sein, bevor er zakâtpflichtig wird. Danach ist ein Vierzigstel des Betrages fällig. Von einem Betrag von 200 Dirham sind demnach 5 Dirham Zakât zu entrichten. Nach der Rechtsschule der Fuqarâ dagegen gibt man die ganzen 200 Dirham weg und dankt Allah, dass er einen von der Last der Verantwortung befreit hat.“
Der Faqîh, dem diese Antwort nicht behagte, antwortete sarkastisch:
„Wir nehmen unser Wissen nur von den großen Gelehrten des Islam!“
Doch Schiblî antwortete ihm in einer Weise, die seine Vorurteile erschütterte, indem er sagte:
„Wir nehmen unser Wissen vom engsten Gefährten des Propheten – Allah segne ihn und seine Gefährten und schenke ihm und ihnen Frieden –, der all seinen Besitz dem Gesandten Allahs zur Verfügung stellte und anschließend Allah dankte, dass er ihn von der Last der Verantwortung befreit hatte.“[14]
Der Prophet selbst – Allah segne ihn und schenke ihm Frieden – ging allen stets als bestes Vorbild eines Geistes ständiger großzügiger Gebefreudigkeit beim Verteilen wohltätiger Spenden voran, wie die folgende Überlieferung von ´îscha – möge Allah mit ihr zufrieden sein – zeigt:
„Einmal hatte der Gesandte Allahs – Allah segne ihn und schenke ihm Frieden – für seine Familie ein Schaf geschlachtet und den größten Teil davon an Bedürftige verteilt. Als er fragte, was davon noch übrig sei, antwortete ´îscha – möge Allah mit ihr zufrieden sein: ‚Nur eine Schulter ist uns geblieben.’
Da sagte der Prophet – Allah segne ihn und schenke ihm Frieden –, der die Dinge aus einer anderen Perspektive sah:
‚Das bedeutet, dass uns alles außer dieser Schulter geblieben ist.’“[15]
Damit brachte er zum Ausdruck, dass der Anteil, den er an die Bedürftigen weggegeben hatte, zu wirklichem Besitz im Jenseits geworden war und ewigen Gotteslohn in der Gegenwart Allahs bedeutet. Der Anteil jedoch, der in dieser Welt verzehrt wird, stillt nur für kurze Zeit den Hunger und sein Nutzen reicht nicht bis ins Jenseits. Verglichen mit dem ewigen Lohn der Wohltätigkeit muss deshalb der kurzzeitige Genuss in dieser Welt beinah als eine Art Verschwendung erscheinen.
Die spirituelle Stufe des Propheten – Allah segne ihn und schenke ihm Frieden – war derart, dass er, wenn er Geld im Hause hatte, nicht einschlafen konnte, bevor er es nicht weggegeben hatte. Er erwartete aber von der Allgemeinheit der Muslime nicht, dass sie ihm in diesem Maße an Freigiebigkeit folgen, sondern riet ihnen zu einem Mittelweg und zur Wohltätigkeit entsprechend ihren jeweiligen Möglichkeiten. Obwohl er den gesamten Besitz Abû Bakrs – möge Allah mit ihm zufrieden sein – als Spende akzeptierte, sagte er zu den anderen Gefährten:
„Behaltet einen Anteil eures Besitzes für euch selbst! Denn so ist es besser für euch.“[16]
Der Islam verlangt also keineswegs von den Menschen, ihren gesamten Besitz abzugeben, doch er ermutigt dazu, entsprechend den spirituellen und materiellen Möglichkeiten des Einzelnen über das vorgeschriebene Maß hinaus, wohltätig zu sein. Einige der Prophetengefährten – Allah segne ihn und sie und schenke ihm und ihnen allen Frieden –, wie zum Beispiel Abû Dharr, entnahmen dem Beispiel des Propheten, dass es unrecht sei, Geld für die Zukunft anzuhäufen, statt es zum Guten der Gemeinschaft einzusetzen. Ein anderer, der treulich dem erhabenen Vorbild des Propheten – Allah segne ihn und schenke ihm Frieden – folgte, war ´Abdu r-Rahmân ibn Auf – möge Allah mit ihm zufrieden sein. Er gab den Armen zu essen, selbst wenn er dabei selber hungern musste. Die eigenen Schwierigkeiten machten ihm nichts aus, solange er anderen Menschen beistehen und zur Linderung ihrer Not beitragen konnte. Die Herzen dieser Gefährten – möge Allah mit ihnen zufrieden sein – waren erfüllt von der beglückenden Gewissheit, dass ihr Besitz nur ein ihnen von Allah für kurze Zeit anvertrautes Gut war.
So sollten sich diejenigen, die nach ewiger Glückseligkeit streben, bewusst sein, dass sie nicht die wahren Eigentümer ihres irdischen Besitzes sind, sondern nur seine Verwalter im Namen Allahs, des wirklichen Besitzer aller Dinge, und dass sie eines Tages über ihren Umgang mit all diesen Besitztümern Rechenschaft ablegen müssen. Dies kommt auch in den Worten des heiligen Qur’ân zum Ausdruck:
„Dann werdet ihr an jenem Tage nach dem Wohlstand befragt.“ (102:8)
Im vollen Bewusstsein der möglicherweise schrecklichen Konsequenzen dieser Warnung vergessen die Sufis niemals, dass sie bezüglich ihres für Rechtmäßiges (halâl) ausgegeben Besitz Rechenschaft ablegen müssen, bei Ausgaben für Unrechtmäßiges (harâm) jedoch auf jeden Fall mit göttlicher Strafe rechnen müssen. Sie kennen den Spruch:
„Für das Erlaubte kommt die Rechnung,
für das Verbotene die Strafe.“
Derart betrachtet, sammeln die Reichen, die ihren Besitz nur zur Freude ihres Egos und zur Befriedigung niederer Bedürfnisse verschwenden, damit das Brennholz für das eigene Feuer. Es ist eine große Tugend, hart zu arbeiten und damit seinen Lebensunterhalt zu verdienen. Die richtige Einstellung besteht dabei aber darin, die Liebe zum Besitz nicht im Herzen Überhand gewinnen zu lassen, indem man stets die Bereitschaft zum Geben kultiviert. Andernfalls ist der Besitz von Reichtümern nichts anderes als das Dasein eines Lastträgers, der für Andere deren Besitz umher trägt, ohne selbst davon irgendeinen Nutzen zu haben. Und in ähnlicher Weise wird Besitz, der nicht auf dem Wege Allahs ausgegeben wurde, an die Erben weitergegeben, während die volle Verantwortung dafür auf demjenigen lastet, der ihn anfänglich angehäuft hat.
Deshalb sollte bei der Absicht aller Bestrebungen zum Erwerb von Besitz die erhabene Bedeutung des edlen Prophetenwortes – Allah segne ihn und schenke ihm Frieden – berücksichtigt werden:
„Der Beste unter den Menschen ist derjenige, der den Menschen am meisten Nutzen bringt.“[17]
Geld sollte deshalb höchstens in der Tasche aber nie im Herzen aufbewahrt werden.
Außerdem ist es wichtig, zu wissen, dass die Gebete der Armen und Hilflosen für das Wohlergehen der Reichen für diese ein Quell des Friedens und somit eine spirituelle Unterstützung der Bedürftigen für die Wohlhabenden ist. Und immer wieder muss betont werden, dass Armut keinesfalls eine Schande ist, sondern sich im Jenseits als ein Ausdruck göttlicher Barmherzigkeit erweisen kann.
Großzügige Reiche und ehrbare Arme, die beide im Angesicht von Schwierigkeiten und Bedrängnis Geduld zeigen, erringen gleichermaßen Allahs Wohlgefallen und ein hohes Maß an menschlicher Perfektion. Dagegen verabscheut der Islam diejenigen Reichen, die voller Stolz und Angeberei ihren Besitz zur Schau stellen. Doch ebenso unbeliebt sind Leute, die sich als arm ausgeben, um so in den Genuss von wohltätigen Leistungen anderer zu kommen und sich auf diese Weise das Leben leicht machen. Deshalb nahm der Prophet – Allah segne ihn und schenke ihm Frieden – gleichermaßen Zuflucht bei Allah vor Reichtum und vor Armut:
„O mein Herr, ich suche Zuflucht bei Dir vor der Prüfung der Armut und der Prüfung des Reichtums!“[18]
Wirklich reich ist derjenige, der zufrieden ist und sich in das ergibt, was Allah in Seiner Weisheit bestimmt hat. Und um wahren Reichtum zu genießen sollte man Andere an dem weltlichen Besitz und den Segnungen, die man genießt, teilhaben lassen. Die Absicht eines echten Muslims ist es, für die Gesellschaft mit seiner Zunge und seinen Händen von Nutzen zu sein, das heißt, sich mit all seinen Mitteln zum Wohle der Gemeinschaft einzusetzen.
Das Entrichten der Zakât und andere wohltätige Handlungen sind im Grunde genommen nichts anderes, als ein Ausdruck der Dankbarkeit gegenüber Allah. Und im Gegenzug verspricht Allah denen, die für Seine Großzügigkeit dankbar sind, weitere Gnadengaben:
„Wenn ihr dankbar seid, so will Ich euch wahrlich mehr geben, wenn ihr aber undankbar seid, dann ist Meine Strafe wahrlich streng.“ (14:7)
Und der Prophet – Allah segne ihn und schenke ihm Frieden – bestätigte das gleiche Versprechen Allahs mit den Worten:
„O Sohn Adams! Gib’ anderen und auch Dir wird gegeben werden!“[19]
Wehe aber denen, die sagen: „Ich habe diesen Besitz durch meine eigenen Anstrengungen erworben“ und dabei auf die Bedürftigen herabblicken. Sie bereiten sich selbst ein übles Ende, wie das im Qur’ân erwähnte Beispiel des Qârûn zeigt:[20]
Qârûn lebte zurzeit von Mûsâ – Friede sei mit ihm. Er war anfänglich ein guter Mensch. Als er aber reich wurde, konnte er die Reinheit seines Herzens nicht bewahren und verlor seinen guten Charakter. Sein Wohlstand machte ihn stolz und hochmütig. Über ihn und seinen Wohlstand heißt es im heiligen Qur’ân:
„Wahrlich, Qârûn gehörte zum Volke Mûsâs und doch unterdrückte er sie. Und wir gaben ihm so viele Schätze, dass ihre Schlüssel eine Bürde für eine Schar von Starken gewesen wären. Da sagte sein Volk zu ihm: ‚Frohlocke nicht, denn Allah liebt gewiss nicht die Frohlockenden...’“ (28:76)
Doch Qârûn hörte nicht auf sein Volk und verschloss seine Ohren vor ihren Ratschlägen ebenso wie vor denen Mûsâs – auf ihm sei der Friede Allahs. Als Mûsâ ihn aufforderte, die fälligen Abgaben von seinem Besitz zu entrichten, vergaß er, dass er seinen Erfolg Mûsâ verdankte und sagte:
„Neidest du mir meinen Wohlstand? Ich habe ihn selbst verdient!“
Und im Qur’ân wird die Geschichte weitererzählt:
„ ,... sondern suche in dem, was Allah dir gegeben hat, die Wohnstätte des Jenseits und vergiss nicht deinen Teil an dieser Welt! Und tue Gutes, wie Allah dir Gutes getan hat und begehre kein Unheil auf Erden, denn Allah liebt die Unheilstifter nicht.’
Er sagte: ‚Er (der Wohlstand) wurde mir nur um des Wissens willen, das ich besitze, gegeben.’ Wusste er denn nicht, dass Allah schon vor ihm Generationen vernichtet hat, die gewaltigere Macht und größeren Reichtum besaßen als er? Und die Schuldigen werden nicht nach ihren Sünden befragt.
So ging er denn in all seinem Prunk hinaus zu seinem Volke. Jene nun, die nach dem Leben dieser Welt verlangten, sagten: ‚O wenn wir doch das gleiche besäßen wie das, was Qârûn gegeben wurde! Er ist wahrlich einer, dem großes Glück zuteil geworden ist.’
Jene aber, denen Wissen gegeben wurde, sagten: ‚Wehe euch, Allahs Lohn ist besser für den, der glaubt und gute Werke tut und keiner wird ihn erlangen außer den Geduldigen.’
Dann ließen Wir ihn und sein Haus von der Erde verschlingen und er hatte keine Schar, die ihm gegen Allah helfen konnte, noch konnte er sich retten. Und jene, die sich noch tags zuvor an seine Stelle gewünscht hatten, sagten: ‚Oh schaut nur, es ist wahrlich Allah, der wem Er will von Seinen Dienern die Mittel zum Unterhalt erweitert und beschränkt. Wäre uns Allah nicht gnädig gewesen, hätte Er auch uns verschlingen lassen. Oh schaut nur, die Ungläubigen haben nie Erfolg.’“ (28:77-82)
Welch tragische Szene, in der einer seine ewige Glückseligkeit und himmlischen Reichtum aus übertriebener Ambition verspielt. Dies zeigt, was für ein schreckliches Ende denen droht, die sich in ihrer Liebe zu den Gütern dieser Welt verlieren und dabei das Jenseits ganz vergessen.
Das Ende Qârûns beschreibt ein Dichter mit den Worten:
„Was ist das für ein Reichtum, o Qârûn,
der dich zu einem Bettler macht, dem keine Gnade widerfährt?“
Im Jenseits wurde er zu einem Bettler, der alles verloren hat, was je sein eigen war, denn das Jenseits gehört denen, die Allah voller Ehrfurcht aufrichtig gedient und Seinen Zorn gefürchtet haben. So wie im heiligen Qur’ân die Gründe für den Verlust des jenseitigen Lohns beschrieben werden:
„Jenes ist die Wohnstätte des Jenseits, die Wir für die gemacht haben, die auf Erden weder Selbsterhöhung noch Unheil begehren. Und das (gute) Ende ist für die Gottesfürchtigen.“ (28:83)
Meister Jalâluddîn Rûmî zeigt sich verwundert über diejenigen, die aus Besitzstreben in dieser Welt ein schreckliches Ende nehmen und bankrott ins Jenseits gehen. Er sieht den Sinn weltlichen Besitzes darin, ihn auf dem Wege Allahs auszugeben, anstatt sich zu seinem Sklaven zu machen, denn als Sklave seines Besitzes in dieser Welt geht der Mensch mit leeren Händen ins Jenseits hinüber. Gemäß Rûmîs Vergleich sind sie in dieser Welt wie Schlangen, die an niederen Plätzen auf ihre Beute lauern und im Jenseits wie bedauernswerte Bankrotteure.
Ein weiteres Beispiel, ähnlich dem des Qârûn, findet sich in einem Mann namens Thalaba unter den Gefährten des Propheten – Allah segne ihn und sie und schenke ihm und ihnen Frieden:
Thalaba war arm, hatte aber ein großes Verlangen nach Reichtum. So ging er eines Tages zum Propheten – Allah segne ihn und schenke ihm Frieden – und bat ihn, er möge für ihn um Reichtum beten. Der Prophet – Allah segne ihn und schenke ihm Frieden – weigerte sich höflich, indem er sagte.
„Ein Weniges an Besitz, für das man Allah dankbar sein kann, ist besser als viel Besitz, für den man nicht entsprechend danken kann!“
So gab Thalaba für einige Zeit seinen Wunsch nach Reichtum auf, doch sein Verlangen wurde im Laufe der Zeit immer stärker, so dass er zurück zum Propheten ging – Allah segne ihn und schenke ihm Frieden – und ihn noch einmal bat:
„O Gesandter Allahs, bitte Allah für mich um Reichtum!“
Diesmal antwortete ihm der Prophet – Allah segne ihn und schenke ihm Frieden:
„Bin ich kein gutes Beispiel für dich? Ich schwöre bei Allah, dass, wenn ich es wünschte, diese Berge sich in Gold und Silber verwandeln und mir folgen würden, wohin ich auch ginge, doch ich will es nicht!“
Thalaba versuchte, sein Verlangen aufzugeben, doch er konnte sich nicht von der Vorstellung befreien, dass er, wenn er nur reich wäre, Gutes tun, den Armen helfen und dafür göttlichen Lohn erhalten würde. Die Wünsche seines Egos hatten ihn übermannt und so ging er noch einmal zum Propheten – Allah segne ihn und schenke ihm Frieden – und sagte:
„Ich schwöre bei Allah, der dich als Propheten gesandt hat, dass ich, wenn Er mir Reichtum gibt, die Armen schützen und meine Verpflichtungen einhalten werde!“
Nachdem er derart auf seinem Wunsch beharrte, betete der Prophet – Allah segne ihn und schenke ihm Frieden – zu Allah:
„O mein Herr, gib Thalaba den Besitz, den er von Dir erbittet!“
Infolge dieses Bittgebets gab Allah der Allmächtige Thalaba großen Reichtum. Innerhalb kurzer Zeit bedeckten seine Herden die Hügel von Medina. Thalaba jedoch, der bis dahin wegen seiner engen Bindung an die Moschee als ‚einer der Vögel der Moschee’ bezeichnet worden war, ließ immer mehr in seiner Teilnahme am gemeinschaftlichen Gebet nach. Schließlich kam er nur noch zum Freitagsgebet. Und nachdem dies eine Weile so gegangen war, begann er, auch dieses auszulassen. Als der Prophet – Allah segne ihn und schenke ihm Frieden – davon erfuhr, sagte er:
„Wie Schade für Thalaba, dass er sich selbst zerstört hat!“
Und Thalabas Unwissenheit und Achtlosigkeit hatte immer noch nicht ihren Höhepunkt erreicht, bis er eines Tages denjenigen, die beauftragt waren, die Zakât einzutreiben, mit den Worten entgegentrat:
„Ihr seid nichts anderes als Tagediebe!“
So weigerte er sich, selbst das im Qur’ân vorgeschriebene Minimum an Abgaben für die Armen und Bedürftigen zu leisten. Er hatte all seine Versprechen vergessen, den Armen mit seinem Reichtum zu helfen und war zu einem Heuchler geworden, der nicht hielt, was er versprochen hatte.
Die Denkweise dieser Art von Menschen wird im Qur’ân folgendermaßen beschrieben:
„Und unter ihnen sind manche, die Allah versprachen: ‚Wenn Er uns von Seinen Gnadengaben gibt, dann wollen wir bestimmt Almosen geben und unter den Rechtschaffenen sein.’ Doch wenn Er ihnen dann von Seinen Gnadengaben schenkte, geizten sie damit und wandten sich ab. Zur Vergeltung erfüllte Er ihre Herzen mit Heuchelei, bis zu dem Tag, an dem sie Ihm begegnen werden, weil sie Allah gegenüber nicht hielten, was sie Ihm versprochen haben und weil sie gelogen haben.“ (9:75-77)
Indem er den Rat des Propheten – Allah segne ihn und schenke ihm Frieden – ignorierte, verlor Thalaba den göttlichen Segen und wurde zu einer jener bemitleidenswerten Gestalten, die, vom vergänglichen Glanz irdischer Güter geblendet, im Jenseits in die Tiefen ewiger Armut hinabstürzen. Als er schließlich, unter reuigem Wehklagen starb, klangen ihm die Worte des Propheten – Allah segne ihn und schenke ihm Frieden – in den Ohren:
„Ein Weniges an Besitz, für das man Allah dankbar sein kann, ist besser als viel Besitz, für den man nicht entsprechend danken kann!“
Er hatte den Warnungen des Propheten – Allah segne ihn und schenke ihm Frieden – keine Beachtung geschenkt und starb in einem schrecklichen Zustand unter grausamen Schmerzen. Er hatte auf dumme Weise seine ewige Glückseligkeit um eines kurzlebigen Glücks willen, das er für endloses Freuden hielt, zerstört.[21]
Wie wir anhand vieler lebender Beispiele sehen können, entspricht die selbstsüchtige Liebe zu den Reichtümern dieser Welt weitgehend dem menschlichen Naturell. Das Ego sucht und findet seine Befriedigung im grenzenlosen Anhäufen von Wohlstand. Einmal von dieser teuflischen Sucht besessen, wird der Mensch niemals mit dem zufrieden sein, was er erreicht hat. Die folgenden Prophetenworte beschreiben in klaren Worten die unbegrenzte Habgier des Menschen:
„Wenn der Sohn Adams zwei Täler voller Gold besäße, so würde er nach einem dritten streben. Allein die Erde kann den Hunger des Sohnes Adams stillen ...“[22]
Fast immer geht mit wachsendem Wohlstand zunehmende Habgier einher. Einmal im Netz der Liebe zu weltlichem Besitz gefangen, verliert der Mensch leicht all seine menschlichen Werte wie Barmherzigkeit, Liebe und Opferbereitschaft. Spenden und andere Formen von Wohltätigkeit werden zu einer äußerst schwierigen Angelegenheit, weil das Ego immer sagt:
„Gib nicht jetzt, sondern später!
Warte, bis du noch etwas reicher bist, dann kannst du viel mehr geben!“
Solche Menschen verlieren sowohl ihr spirituelles als auch ihr körperliches Gleichgewicht. Weil sie die Chancen, die ihnen in dieser Welt gegeben wurden, ungenutzt lassen, steht für sie geschrieben:
„Wer sagt, ich werde es morgen tun, der wird dadurch zunichtewerden!“
Die oben wiedergegebene Geschichte Thalabas ist nicht nur ein treffendes Beispiel menschlicher Habgier, sondern sie verdeutlicht auch die schrecklichen Konsequenzen der Verletzung der Regeln rechten Benehmens beim Bittgebet. Denn wenn man versucht, das Bittgebet zum Erzwingen eines bestimmten Schicksals zu missbrauchen, sind fürchterliche Folgen unausweichlich. Obwohl der Prophet – Allah segne ihn und schenke ihm Frieden – wusste, welches Schicksal diesen Mann erwartete, betete er schließlich doch für ihn, um seiner Gemeinschaft ein lebendes Beispiel für die Gefahren der Habsucht zu geben. Deshalb sollten wir, wenn wir Allah den Allmächtigen um etwas bitten, uns nicht allein auf unseren Verstand verlassen, sondern unserer Bitte hinzufügen:
„Wenn es dem göttlichen Willen entspricht und zu unserem Besten ist, so nimm unsere Bitte an!“
Ansonsten kann uns großer Schaden entstehen, weil wir nicht sehen, welches Übel sich eventuell in der Gabe verbirgt, die wir so sehr erbitten. Bittgebete sind, genau wie Spenden, ein Mittel, nicht das absolut bestimmte, jedoch das bedingte Schicksal eines Menschen zu beeinflussen. Doch sollten wir nicht nur auf unseren Verstand vertrauen, wenn wir Allah um eine Änderung in unserem Schicksal bitten, weil dies nicht immer zu unserem Besten ist. Das Bittgebet ist eine Gnade Allahs und entspricht Seinem Gebot. Wenn wir jedoch die Wünsche unseres Egos und die Vorstellungen unseres Verstandes zum Gegenstand unserer Bittgebete machen, sollten wir nicht darauf bestehen, dass der Inhalt unserer Bitten richtig und gut für uns ist. Deshalb sollten wir stets hinzufügen:
„O mein Herr, erfülle meine Bitte, wenn es zu meinem Besten ist!“
Seinen Wohlstand in Übereinstimmung mit den göttlichen Geboten zu nutzen, kann die Gefahren der Habsucht beseitigen. Dies zu tun ist unsere Verpflichtung zum Wohle der Gesellschaft und des Einzelnen, sowohl in diesem Leben als auch im Jenseits.
[1] Munâwî, Kunûz al-Haqâ’iq, S. 134
[2] Tirmidhî
[3] Die Geschichte erzählte Timurtas Uçar Hoca Efendi – Allah erbarme sich seiner Seele
[4] Bukhârî, Kitâbu z-Zakât, 18
[5] Bukhârî und Muslim
[6] Tirmidhî, Kitâbu z-Zuhd, 37
[7] Tirmidhî, Kitâbu z-Zuhd
[8] Bukhârî, Kitâbu r-Riqâq
[9] Muslim, Zakât
[10] Baihaqî, Schu´âb al-Îmân
[11] Tirmidhî, Manâqib 16; Abû Dawûd, Zakât 40
[12] Fuqahâ, Plural von Faqîh
[13] Fuqarâ, Plural von Faqîr, wörtl. Armer, gleichzeitig ein Synonym für Sufi
[14] Mektûb, 34, Üçüncü Yüzyil
[15] Tirmidhî, Sifâtu l-Qiyâma, 35
[16] R. M. Sâmî, Tebuk Seferi, 66
[17] Tabarânî, Majmu´a l-Ausat, VI, 58
[18] Muslim, Dhikr, 49
[19] Bukhârî und Muslim
[20] Qârûn wird auch in der Bibel als ‚Korah’ erwähnt
[21] Ahmet Sahin, Târihin Seref Levhaları, 27
[22] Bukhârî und Muslim