Ziyâra - der Besuch des Propheten in Medina

– Allah segne ihn und schenke ihm Frieden –

Wenn wir das Grab des Propheten – Allah segne ihn und schenke ihm Frieden – in Medina besuchen, sollten wir wissen, dass dies der Ort ist, an dem unsere Liebe und unser Respekt für den Propheten wachsen und erblühen können. Er war der Einzige, der von Allah dem Erhabenen mit dem Beinamen ‚Habîbî’, ‚Mein Geliebter’, angesprochen wurde. Und im heiligen Qur’ân befiehlt Allah der Allmächtige uns in eindeutigen, klaren Worten, Ihn und Seinen Gesandten mehr zu ehren und zu lieben als alles andere in dieser Welt:

Sprich: ‚Wenn euch eure Väter und Söhne und eure Brüder und Frauen und eure Verwandten und das Vermögen, das ihr erworben habt und die Geschäfte, um deren Verlust ihr fürchtet, und die Wohnstätten, an denen ihr hängt, lieber sind als Allah und Sein Gesandter und der Einsatz für Seine Sache, dann wartet, bis Allah mit Seiner Entscheidung kommt.’ Und die Ungehorsamen leitet Allah nicht recht.” (9:24)

Qâdî ´Iyâd leitete aus diesem Vers ab, dass die Umma verpflichtet ist, Allah und Seinen Propheten – Allah segne ihn und schenke ihm Frieden – gleichermaßen zu lieben. Das heißt: nichts sollte uns lieber sein als Allahs Gesandter – Segen und Friede seien auf ihm –, weder unser Haus, noch unsere Familie, noch unsere Arbeit!

Aus diesem Grunde betrachtete Imâm Mâlik das Grab des ehrwürdigen Propheten – Allah segne ihn und schenke ihm Frieden – als noch heiliger als die Ka´ba, weil um seinetwillen alle Welten und die gesamte Schöpfung erschaffen wurde. Deshalb sollten wir nach der Pilgerfahrt unbedingt Medina besuchen und, indem wir diesen gesegneten Ort besuchen und den Duft seiner Erde aufnehmen, dem Propheten – Allah segne ihn und schenke ihm Frieden – demütig unseren Respekt erweisen. Und er selbst hat uns mitgeteilt:

„Wer mich nach meinem Tode besucht, es ist, als hätte er mich zu meinen Lebzeiten besucht!“[1]

So sollte man sich beim Besuch des Propheten – Allah segne ihn und schenke ihm Frieden – äußerst respektvoll verhalten. Als einmal Imâm Mâlik in der Prophetenmoschee saß, kam der damalige Khalîf, Abû Jâ´far Mansûr, zu ihm, um ihm einige Fragen zu stellen. Dabei kam es zu einer Diskussion über einige Details des religiösen Gesetzes, in deren Verlauf Abû Jâ´far anfing, etwas lauter zu sprechen. Da warnte ihn Imâm Mâlik mit den Worten:

„O Khalîf, sprich hier nicht laut! Allah hat Andere, die vorzüglicher waren als du, davor gewarnt, hier ihre Stimme zu erheben und gesagt:

O ihr Gläubigen, erhebt nicht eure Stimmen über die Stimme des Propheten und sprecht nicht laut zu ihm, wie ihr untereinander sprecht, auf dass eure Werke nicht zunichtewerden, ohne dass ihr es bemerkt.“ (49:2)

Der Khalîf erkannte das vortreffliche Benehmen Imâm Mâliks in der Gegenwart des Propheten – Allah segne ihn und schenke ihm Frieden – und fragte ihn:

„O Imâm, sollte ich mich während meines Bittgebetes hier in Richtung des Prophetengrabes oder in Richtung der Ka´ba wenden?“

Imâm Mâlik antwortete ihm:

„Wenn du in Medina bist, wende dich in Richtung des Prophetengrabes, denn die gesamte Schöpfung und auch die Ka´ba wurden um seinetwillen erschaffen und die gesamte Menschheit bedarf der Fürsprache des Propheten – Allah segne ihn und schenke ihm Frieden!“[2]

Manche Muslime ignorieren diese Tatsachen und versuchen, die Pilger davon abzuhalten, sich dem Prophetengrab zuzuwenden. Sie sagen:

„Grüße den Propheten – Allah segne ihn und schenke ihm Frieden – und geh weiter, dann wende dich zum Bittgebet der Ka´ba zu!“

Sie scheinen vollkommen zu vergessen, dass der Prophet – Allah segne ihn und schenke ihm Frieden – lebendig ist. Im heiligen Qur’ân erfahren wir, dass die Märtyrer lebendig sind. Und genauso sind auch die Propheten, die eine höhere Stellung einnehmen als diese, lebendig. Und ganz besonders gilt dies für den Stolz der Welten, das Siegel der Propheten und den Besten der Geschöpfe, unseren Propheten, den Gesandten Allahs, unseren Meister Muhammad – Allah segne ihn und schenke ihm Frieden –, der in ganz außergewöhnlicher Weise lebendig ist.

So ist das größte Geschenk, dass die Pilger mit zurück in ihre Heimatländer bringen können, die Reflektion der Schönheit der Heiligen Stätten, die sie in sich tragen. Sie sollten ihre Erinnerungen lebendig halten, indem sie die Tugenden, die sie auf dieser Reise kultiviert haben, bewahren und weitergeben, um derart denen, die die Pilgerfahrt noch nicht verrichtet haben, einen Ausblick und Vorgeschmack auf die wunderbaren spirituellen Erfahrungen an diesen heiligen Stätten zu ermöglichen.

Muhammad Iqbâl, der geistige Vater Pakistans, fragte einmal die Pilger bei ihrer Rückkehr von der Hajj:

„Ihr habt Medina al-Munawwara, die erleuchtete Stadt des Propheten – Allah segne ihn und schenke ihm Frieden – besucht. Was habt ihr von dort, vom Markt der spirituellen Erfahrungen als Geschenke mitgebracht? Die materiellen Geschenke wie Kopftücher, Rosenkränze und Gebetsteppiche werden schnell vergessen sein! Was sind die spirituellen Geschenke, die ihr mitgebracht habt?

Zu den Geschenken, die ihr mitbringt, gehören die Hingabe und Wahrhaftigkeit des Abû Bakr, die Gerechtigkeit des Khalîfen ´Umar und die Großzügigkeit und Schamhaftigkeit ´Uthmân’s. Werdet ihr in der Lage sein, der Umma, die unter Tausenden verschiedener Schwierigkeiten und Probleme leidet, mit etwas Hoffnung aus dem ‚glückseligen Zeitalter’ des Propheten – Allah segne ihn und schenke ihm Frieden – Mut zu machen?“

Wir bitten Allah, uns zu denen gehören zu lassen, die von den spirituellen Segnungen der Heiligen Stätten profitieren und Seinen geliebten Gesandten – Segen und Friede seien auf ihm – mit einem empfindsamen und in Liebe entflammten Herzen besuchen! Möge Allah uns ein Leben in Hingabe und Gottvertrauen gewähren! Möge Er allein unsere Zuflucht und unser Helfer sein! Möge Allah uns die Pflicht der Pilgerfahrt mit einem Herzen, das die Segnungen der Heiligen Stätten empfindet, vollführen lassen!

 

[1] Dâraqutnî, Sunan, II, 278

[2] Qâdî ´Iyâd, asch-Schifâ’